Ein Hersteller in der EU - lohnt sich das?

Bedingt durch die Corona-Krise und die dadurch stark erhöhten Produktions- und Transportzeiten, aber auch die enorm angestiegenen Containerkosten haben dazu geführt, dass viele Online-Händler in den vergangenen Monaten vermehrt auf Hersteller aus Europa umgestiegen sind. Welche Vor- und Nachteile damit einhergehen und ob sich so ein Wechsel auch für euch lohnt, darum geht es in diesem Blogbeitrag.

Früher war der Weg im Online-Handel klar: Sobald ihr euch für eine Nische und dann für euer erstes Produkt entschieden habt, ging es an die Herstellersuche. Egal, ob ihr bei alibaba.com, in eurem Netzwerk oder anderweitig einen Hersteller gesucht habt, in der Regel war relativ schnell klar, dass die Produktion in Asien stattfindet. Die meisten Produkte, die über Marktplätze wie Amazon oder auch in eurem eigenen Webshop von Kunden online gekauft werden, werden heute zum Großteil in China, Indien, Pakistan oder Bangladesch produziert. Europäische Hersteller können selten mit den niedrigen Produktionskosten in Asien mithalten, sodass ein Händler, der seine Produkte zu wettbewerbsfähigen Preisen Online anbieten wollte, in der Regel auch auf einen asiatischen Hersteller angewiesen war.


Neben dem reinen Einkaufspreis der Produkte sollten aber noch weitere quantitative  Faktoren bei der Hersteller-Entscheidung eine Rolle spielen; und diese haben sich im Zuge der Corona-Krise teilweise stark zu Gunsten eines EU-Herstellers verschoben.


Die Versandkosten

Für längere Transportwege fallen üblicherweise auch höhere Kosten für den Transport an. Die Transportstückkosten sind darum im Durchschnitt umso höher, je weiter eure Produktionsanlage von eurem Ziellager entfernt ist. In der Vergangenheit haben die Transportkosten aber häufig nur einen kleinen Anteil in eurem Gesamteinkauf gespielt, insbesondere, wenn ihr die Ware per Schiff aus Asien importiert. Vor allem dieser Punkt hat aber in den vergangenen 1,5 Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Im Zuge der Corona-Krise haben sich die Frachtraten bzw. die Preise für einen Container aus China nach Europa teilweise ver-6-facht.





Das gilt für alle Transportwege, egal ob Schiff, Zug oder Luftfracht. Dieser massive Kostenanstieg führt jetzt bei vielen Händlern dazu, dass die Frachtkosten nun einen deutlich größeren Anteil am Einkaufspreis ausmachen und eine Verlagerung der Produktion nach Europa damit nun bei den Versandkosten deutlich mehr Geld spart als noch vor Beginn der Krise. Der Anstieg der Transportkosten ist außerdem auch deswegen eine doppelte Belastung, weil er durch die höhere Bemessungsgrundlage im zweiten Schritt auch zu einem Anstieg der Zollabgaben führt. Ob die Frachtraten in absehbarer Zeit wieder sinken werden, bleibt abzuwarten.


Die Zölle

Je nach Zoll-Kategorie und Hersteller fällt hier ein bestimmter prozentualer Betrag auf euer Bestellvolumen an, wenn ihr Produkte von außerhalb der EU importiert. Dieser Kostenfaktor fällt durch die Beseitigung der Zollgrenzen weg, wenn die Produkte schon innerhalb der EU hergestellt werden. Diese Kosten sind für die meisten Produkte zwar in der Stückkostenbetrachtung eher klein, haben aber trotzdem das Potenzial, eure Deckungsbeiträge zu erhöhen.


Die Kapitalbindung

Durch die Produktion in Asien steigt außerdem auch die Kapitalbindung in eurem Unternehmen. Weil die überwiegende Mehrheit der Online-Händler in China produzieren lässt, habt ihr hier bei eurem Hersteller häufig eine schlechte Verhandlungsposition sowohl beim Preis als auch bei den Produktionszeiten. Damit eure Produkte schneller fertiggestellt werden, müsst ihr dann häufig höhere Preise bezahlen oder größere Mengen abnehmen. Das ist aber für viele kleine Händler nicht realisierbar und sinnvoll, sowohl vom Risiko als auch von die Liquidität. Außerdem führt die höhere Bestellmenge damit indirekt auch wieder zu einer größeren Kapitalbindung. Ein europäischer Hersteller kann hier oft wesentlich schneller und unkomplizierter produzieren.


Vor allem aber die geringere Transportzeit gibt hier den Ausschlag in der Kapitalbindung. Ob euer Produkt jetzt sechs oder nur eine Woche auf dem Transportweg ist hat einen erheblichen Einfluss auf euren Cash-Conversion-Cycle. Dass ihr für das gleiche Ankunftsdatum im Ziellager erst viele Wochen später beim Hersteller bestellen müsst, macht euer Unternehmen, abhängig von eurer alternativen Verzinsung und eurem Bestellzyklus, oft um einiges profitabler, und erlaubt euch mehr Wachstum, weil die liquiden Mittel in der Zwischenzeit gewinnbringend angelegt werden können. Weitere Infos dazu, wieso die Kapitalbindung so wichtig ist und warum eine kürzere Bindungsdauer bares Geld in eurem Unternehmen bedeutet, könnt ihr in meinem Blogbeitrag “5 Wege um euren Cashflow zu verbessern” nachlesen.


Die Kommunikation

Jeder, der schon einige Zeit als Online-Händler mit asiatischen Herstellern Produkte verkauft, kennt das Problem der Kommunikation. Die kulturelle und sprachliche Barriere kann zu teilweise starken Problemen und Verzögerungen in der Produktion führen. Insbesondere wenn euer Produkt einen hohen Grad an Eigenentwicklung hat, ist nicht immer gewährleistet, dass euer Hersteller alle Details so umgesetzt hat, wie ihr es geplant hattet. Dazu zählen neben der reinen Produktion auch Anforderungen an die Verpackung, die Versandkartons oder den Transport und die Übergabe. Eine Qualitätsinspektion kann hier größeren Schaden zwar häufig verhindern, ein Restrisiko bleibt aber trotzdem.


Die Haftung

Ein Thema, das für viele Händler möglicherweise auch an einem Hersteller in der EU interessant sein könnte, ist die Frage der Haftung. Importiert ihr Produkte von außerhalb der EU geltet ihr als Erstinverkehrbringer der Waren und seid damit rechtlich auch Hersteller der Produkte. Damit gehen umfangreiche Verantwortungen und Haftungsfragen in Bezug auf die Produktsicherheit einher, die ihr auf euren Hersteller auslagern könnt, sollte das Produkt innerhalb der EU hergestellt und durch euch keine wesentlichen Erweiterungen am Artikel mehr vorgenommen worden sein.


Ergebnis

Es spricht vieles dafür, sich mit dem Thema eines Herstellers in Europa einmal intensiver zu beschäftigen. Insbesondere durch die im Zuge der Corona-Krise stark angestiegenen Versand- und damit auch Zollkosten, aber auch durch die übrigen Punkte, macht ihr mit dem niedrigeren Einkaufspreis in Asien nicht immer auch ein gutes Geschäft. Bezieht alle Faktoren mit ein und trefft am Ende für euch die Entscheidung, die euer Unternehmen am besten aufs nächste Level bringt.


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