Negatives Eigenkapital: Wann man davon spricht und was Unternehmer tun können

Jan Weinland
22.11.2023

Ein negatives Eigenkapital in der Unternehmensbilanz gilt als bilanzielle Überschuldung. Anders ausgedrückt: Es zeigt an, dass bei einem Unternehmen Verbindlichkeiten bestehen, die die Höhe der positiven Vermögenswerte übersteigt. Allgemein gilt dieser Zustand als alarmierend und kann schwerwiegende Folgen haben. So können Investoren und Kreditgeber von einer negativen Bilanzsumme abgeschreckt werden.

Aber was führt zur Entstehung von negativem Eigenkapital und muss ein Unternehmen deshalb gleich Insolvenz anmelden, oder bestehen weitere Optionen? In diesem Artikel erhalten Sie einen Überblick über alle wissenswerte Aspekte rund um das Thema negatives Eigenkapital.

Gründe für ein negatives Eigenkapital

Um dem negativen Eigenkapital auf den Grund gehen zu können, muss erst einmal betrachtet werden, was sich hinter dem Begriff Eigenkapital verbirgt: Das Eigenkapital bezeichnet Mittel, welche Unternehmenseigentümer oder Gesellschafter in das Unternehmen einbringen. Eine Eigenkapitalerhöhung wird durch Gewinne oder mithilfe von Einlagen erzielt. Umgekehrt mindern Verluste oder Kapitalentnahmen das Eigenkapital.

Insgesamt ist das Unternehmenskapital jedoch nicht ausschließlich das Eigenkapital. Das Kapital kann auch aus Fremd-, also geliehenem, Kapital bestehen. Das Eigenkapital wird folgendermaßen berechnet: Eigenkapital ist gleich das Unternehmensvermögen – bzw. das Aktivvermögen – abzüglich aller Schulden und Verbindlichkeiten – bzw. der Passiva einer Bilanz.

Wenn diese Rechnung ein negatives Ergebnis erbringt, spricht man von einer negativen Bilanzsumme bzw. einem negativen Eigenkapital: Die Schulden oder Verbindlichkeiten sind in diesen Fällen höher als das Unternehmensvermögen.

Überschreiten Schulden das Unternehmensvermögen, ist dies zunächst in der Regel ein Grund zur Besorgnis, aber nicht unbedingt ein Grund für Panik, denn die Bilanzsumme macht nicht das gesamte Unternehmenszahlenwerk aus. Vorschnelle Urteile sollten also nicht gefällt werden, sondern lieber eine Einschätzung unter Berücksichtigung aller Zahlen vorgenommen werden. Neben der reinen Mathematik ist außerdem die Kenntnis der Richtlinien in Bezug auf die vorliegende Rechtsform des Unternehmens entscheidend, um den Einfluss des negativen Kapitals besser einschätzen zu können.

Negatives Eigenkapital in der Bilanz

Bei Passiva, also den Vermögenswerten, steht die Herkunft der Mittel im Vordergrund und bei Aktiva, also dem vorhandenen Kapital, die Verwendung der Mittel.

Im Normalfall sind Aktiva und Passiva in der Bilanz im Gleichgewicht. Stellt die Seite der Passiva jedoch den überwiegenden Teil dar, spricht man von einer Überschuldung und der Eigenkapitalwert fällt unter null und ist somit negativ.

Negatives Eigenkapital in der Unternehmensbilanz

An welcher Stelle das negative Eigenkapital in der Bilanz aufgeführt werden muss, ist je nach Rechtsform unterschiedlich.

Bei Einzelunternehmen wird das negative Eigenkapital unter den Aktiva aufgeführt, wohingegen das positive Eigenkapital auf der Passivseite aufzuführen ist.

Bei Kapitalgesellschaften (beispielsweise GmbH, UG oder AG) wird eine Unterbilanz auf der Aktivseite als „Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag” hervorgehoben.

Bei Personengesellschaften (beispielsweise GbR oder KG) zeigt sich eine Unterbilanz aufgrund der zusammengerechneten Kapitalkonten. Daher sind die Gesellschafterkapitalkonten in der Summe negativ.

Eigenkapital nach Rechtsform

Betrachtet man die Rechtsform des Einzelunternehmens, dann ist das Eigenkapital eine variable Größe und kann – sofern den Eigentümern die nötigen Mittel zur Verfügung stehen – nach Belieben in seiner Höhe verändert werden.

Im Vergleich dazu ist dies in Kapitalgesellschaften anders, denn gesetzlich sowie im Rahmen der Satzung wird vorgeschrieben, welche Kapitalanteile nicht verändert werden dürfen. So beinhaltet das Eigenkapital die folgenden Posten nach § 266 Abs. 3a HGB: Kapitalrücklage, Gewinnvortrag/Verlustvortrag, gezeichnetes Kapital, Gewinnrücklagen, Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag.

In der Bilanz eines Konzerns werden noch weitere Gesellschafteranteile (Minderheitenanteile) im Rahmen des Eigenkapitals betrachtet und ein „nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag” muss bei den Aktiva aufgeführt werden.

Für Kaufleute gibt es die Regelung, dass Eigenkapital im Rahmen der Bilanz extra auszuweisen und aufzugliedern ist, wobei keine besonderen Formvorgaben bestehen.

Im Gegensatz dazu gibt es bei Personengesellschaften genaue Vorschriften bezüglich des Eigenkapitals, die sich aus Gesetzen, der Satzung und dem Gesellschaftsvertrag ergeben. Unveränderliche Anteile legen also die Gesellschafter im Vorhinein fest und jeder Gesellschafter bekommt zwei Kapitalkonten, wobei eines davon fest und eines davon veränderlich ist. Ist die Personengesellschaft haftungsbeschränkt ohne natürliche voll haftende Person, gelten weitere Vorschriften nach § 264c Abs. 2 HGB.

Bedeutung für Unternehmen

Meistens ist das negative Eigenkapital für ein Unternehmen kein gutes Zeichen. Man spricht in diesen Fällen auch von Überschuldung und es liegt die Vermutung nahe, dass dem Unternehmen die Wirtschaftlichkeit bzw. ein profitables Geschäftsmodell fehlt, was oft den Verkauf oder die Insolvenz zur Folge hat. Beim Weg der Insolvenz legt ein Insolvenzverwalter die Insolvenzmasse fest und die Gläubiger äußern anschließend ihre Forderungen.

Liegt ein negatives Unternehmenseigenkapital vor, können Mitarbeiter unter Umständen nicht mehr pünktlich bezahlt werden und müssen eventuell entlassen werden. Außerdem werden neue Investitionen durch die alten Verbindlichkeiten belastet und die Überschuldung kann im Worst Case sogar zur Betriebsschließung führen.

Hat Ihr Unternehmen ein negatives Eigenkapital? Um noch Gegenmaßnahmen einleiten zu können, sollten Sie zeitnah in Prüfung geben, ob ein insolvenzrechtlicher Tatbestand zum Tragen kommt.

Welche Maßnahmen kann man bei negativem Eigenkapital einleiten?

Dass es aufgrund des negativen Eigenkapitals schlussendlich zur Betriebsschließung kommen kann, ist am Ende einer Kette von Ereignissen möglich. Aber das ist nicht der einzige mögliche Weg, denn um für das negative Eigenkapital einen Ausgleich zu finden, gibt es unter anderem die folgenden Möglichkeiten:

  1. Prüfung aller Vermögenswerte: Die ausschließliche Kontenbetrachtung reicht oft nicht aus, um das Vermögen eines Unternehmens einschätzen zu können. Bei der Prüfung gilt jedoch, dass nicht nur die Vermögenswerte, sondern auch die Schulden Beachtung finden. Besonders ältere Unternehmen stoßen bei der Prüfung ihrer Vermögenswerte oft auf unbeachtete stille Reserven, die zum Ausgleich eines negativen Eigenkapitals eingesetzt werden können.
  2. Zuschüsse von Gesellschaftern: Unter Umständen stimmen auch die Gesellschafter einer Gewährung von Zuschüssen bzw. einer Kapitalerhöhung zu. In diesem Fall nehmen sie die nötigen Einzahlungen für einen Ausgleich des negativen Eigenkapitals vor und entkräften damit den insolvenzrechtlichen Tatbestand. Dabei handelt es sich um einen leichten Weg, negatives Eigenkapital wieder in den positiven Bereich zu bringen. Allerdings kann die Bereitschaft der Gesellschafter, Kapital nachzuschießen, nicht vorausgesetzt werden. In der Regel möchten sie eine fundierte Analyse der Geschäftstätigkeit, gewinnsteigernde Maßnahmen und positive Zukunftsperspektiven aufgezeigt bekommen. Aufgrund der Zuschüsse können sich außerdem die Mitbestimmungsrechte sowie die Verteilung der Unternehmensanteile der Gesellschafter verändern. Gesellschafter, die nicht an der Kapitalerhöhung teilnehmen, verlieren einen Teil ihrer Anteile am Unternehmen und können daher entsprechende Nachteile in der Zukunft erfahren.

FAQ

Im Folgenden werden weitere Fragen rund um das Thema negatives Eigenkapital kurz beleuchtet.

Wie kann ein Unternehmen negatives Eigenkapital haben?

Die Definition von negativem Eigenkapital ist, dass die Unternehmensschulden höher als dessen Vermögen sind. Abwertungen von Immobilienvermögen, hohe Außenstände, die schlussendlich abgeschrieben werden müssen, ein strukturelles Defizit und viele weitere Gründe und Entwicklungen können zu einer negativen Bilanzsumme führen.

Ist das Eigenkapital Schulden?

Hat ein Unternehmen in seiner Bilanz negatives Eigenkapital, wird dies auch als bilanzielle Überschuldung bezeichnet. Das negative Eigenkapital wird also in der Bilanz ausgewiesen, wenn ein Unternehmen hohe Schulden hat und diese nicht durch Vermögenswerte ausgeglichen werden. Grundsätzlich fallen Kredite jedoch unter den Bilanzposten des Fremdkapitals.

Kann die Eigenkapitalquote negativ sein?

Bilanzsumme und Eigenkapital zeigen im Verhältnis die Eigenkapitalquote an. Ist diese Eigenkapitalquote negativ, deutet dies auf eine Verschuldung hin. Über längere Zeit gesehen, steht hier die Möglichkeit einer Insolvenz im Raum.

Was ist bilanziell überschuldet?

Zu einer bilanziellen Überschuldung oder einer Unterbilanz kommt es, wenn das Unternehmensvermögen geringer ist, als dessen Schulden. Obwohl eine bilanzielle Überschuldung vorliegt, können Unternehmen noch wirtschaftlich überlebensfähig sein. Wenn beispielsweise eine Investition teurer als erwartet ausfällt, kann dies zur Überschuldung führen. Trotz der höheren Kosten werden mit der Investition Gewinne in der Zukunft erwartet. Diese können unter Umständen die zeitweise Überschuldung ausgleichen.

Fazit

Der Artikel zeigt vor allem, dass das negative Eigenkapital nicht zu unterschätzen ist, aber auch, dass der Umstand nicht pauschal betrachtet werden kann, da je nach Rechtsform des Unternehmens Unterschiede bei den Definitionen, den Handlungsoptionen und rechtlichen Vorgaben bestehen. Weiterhin zeigt der Artikel auf, dass es wichtig ist, die eigenen Finanzen im Blick zu behalten, um frühzeitig einen Kurswechsel vorzunehmen beziehungsweise die realen Werte zu prüfen und gegebenenfalls Hilfe in Anspruch zu nehmen.