Der Bestellzyklus und die optimale Bestellmenge

Ein Thema, über das sich viele Händler wenige bis gar keine Gedanken machen, ist der Bestellzyklus, also der Verkaufszeitraum, der mit einer Bestellung beim Hersteller abgedeckt wird. Dabei hat der Bestellzyklus elementare Bedeutung für eure Deckungsbeiträge und gehört zu den grundlegenden Strategieentscheidungen in eurem Unternehmen.

Der optimale Bestellzyklus kann je nach Händler und Produkt unterschiedlich sein. Einen festen Richtwert gibt es nicht. Längere Bestellzyklen haben sowohl Vor- und Nachteile. Es liegt in der Entscheidung des Händlers, diese Punkte gegeneinander aufzuwiegen und am Ende die beste Entscheidung zum Bestellzyklus zu treffen.


Die verschiedenen Ansätze haben dabei teilweise direkten Einfluss auf eure Deckungsbeiträge, teilweise auf euer gesamtes Unternehmenswachstum und sind häufig auch auf Risikoüberlegungen oder Verwaltungsaufwand zurückzuführen


Um etwas konkreter zu werden, stellen wir uns einen Händler vor, dessen Tagesabsatz bei einem gegebenen Produkt im Verkaufszeitraum, also dem Zeitraum, in dem die aktuelle Bestellung von heute abverkauft wird, bei 20 Einheiten liegt. Der Bestellzyklus gibt jetzt an, für welchen Zeitraum eine Bestellung beim Hersteller aufgegeben wird. Ein Bestellzyklus von einem Monat, entspricht also einer Menge von 30 Tagen * 20 Einheiten/Tag = 600 Einheiten. Ein Bestellzyklus von drei Monaten ergibt damit eine Bestellmenge von 1.800 Einheiten und ein Bestellzyklus von einem Jahr eine Menge von 7.200 Einheiten. Der Bestellzyklus legt also die Bestellmenge, und damit implizit auch die Bestellhäufigkeit fest. Ein kurzer Bestellzyklus heißt in diesem Sinne kleine und dafür häufigere Bestellungen, während ein langer Bestellzyklus seltene, dafür aber dann größere Bestellmengen bedeutet.

Was ist die optimale Bestellmenge?

Definition und Bedeutung

Die optimale Bestellmenge ist die Menge an Produkten oder Materialien, die ein Unternehmen bei einem Lieferanten bestellt, um die Gesamtkosten zu minimieren. Diese Gesamtkosten setzen sich aus den Bestellkosten und den Lagerkosten zusammen. Die optimale Bestellmenge spielt eine zentrale Rolle in der Logistik und Produktion, da sie direkt die Effizienz der Lagerhaltung und die Kostenstruktur eines Unternehmens beeinflusst. Durch die richtige Bestellmenge können Unternehmen sicherstellen, dass sie weder zu viel Kapital in Lagerbeständen binden noch zu häufig Bestellungen aufgeben müssen, was wiederum die Bestellkosten erhöht.

Wichtige Begriffe für die optimale Bestellmenge

  • Bestellmenge: Die Anzahl der Waren oder Materialien, die bei einem externen Lieferanten bestellt werden. Eine gut gewählte Bestellmenge hilft, die Lagerhaltungskosten zu senken und die Bestellkosten zu optimieren.
  • Bestellkosten: Die Kosten, die ein Unternehmen für die Bestellung von Produkten zahlt. Dazu gehören unter anderem Verwaltungskosten, Transportkosten und eventuelle Zölle.
  • Lagerkosten: Die Kosten, die ein Unternehmen für die Lagerung von Produkten zahlt. Diese beinhalten Miete, Versicherung, Personal und die Kosten für die Lagerhaltung selbst.
  • Mengenrabatt: Ein Rabatt, der bei der Bestellung einer größeren Menge gewährt wird. Mengenrabatte können die Gesamtkosten senken, indem sie die Stückkosten reduzieren.
  • Gesamtkosten: Die Summe aus den Bestell- und Lagerkosten. Ziel ist es, diese Gesamtkosten durch die Wahl der optimalen Bestellmenge zu minimieren.

Die Andler-Formel zur Berechnung der optimalen Bestellmenge

Herleitung und Aufbau der Formel

Die Andler-Formel, auch bekannt als Andlersche Formel, ist ein bewährtes Werkzeug zur Berechnung der optimalen Bestellmenge. Sie hilft Unternehmen, die Bestellmenge so zu wählen, dass die Gesamtkosten minimiert werden. Die Formel lautet:

[ q = \sqrt{\frac{2 \cdot m \cdot K_B}{w \cdot (i_K + i_ph)}} ]

wobei:

  • ( q ) = optimale Bestellmenge
  • ( m ) = Gesamtbedarf
  • ( K_B ) = Bestellkosten
  • ( w ) = Lagerhaltungskosten
  • ( i_K ) = Lagerhaltungskostensatz
  • ( i_ph ) = Personalkostensatz

Durch die Anwendung dieser Formel können Unternehmen die optimale Bestellmenge ermitteln, die sowohl die Bestellkosten als auch die Lagerhaltungskosten berücksichtigt. Dies führt zu einer Minimierung der Gesamtkosten und einer effizienteren Lagerhaltung. Die Andler-Formel ist besonders nützlich für Unternehmen, die regelmäßig große Mengen an Produkten bestellen und lagern müssen, da sie eine klare und präzise Methode zur Kostenoptimierung bietet.

Die Vorteile eines kurzen Bestellzyklus und der Bestellhäufigkeit

Veranschaulichung der Funktionsweise des Bestellzyklus
  1. Wählt ihr für euer Produkt einen kleinen Bestellzyklus, führt das dazu, dass weniger Kapital in eurem Produkt gebunden ist. Der Bestellzeitpunkt spielt hierbei eine entscheidende Rolle, da er die Lieferdauern und die optimalen Bestellstrategien beeinflusst, was wiederum Auswirkungen auf die Lagerbestände und Kosten hat. Dieser Cashflow-Vorteil entsteht dadurch, dass je einzelnem Produkt zwar die Produktions- und Transport-Leadtimes in etwa gleich bleiben werden, es sinkt aber die durchschnittliche Lagerdauer eurer Produkte und damit eine Komponente aus eurer Kapitalbindung. Bestellt ihr Einheiten für 3 Monate, liegt die durchschnittliche Lagerdauer eurer Produkte bei linearem Abverkauf bei der Hälfte, also 1,5 Monaten. Verringert ihr jetzt euren Bestellzyklus auf einen Monat, liegt die durchschnittliche Lagerdauer einer Einheit nur noch bei einem halben Monat. Ihr habt also damit einen ganzen Monat an Kapitalbindung eingespart und könnt das freiwerdende Kapital in neue Produkte und euer Unternehmenswachstum investieren. Umgekehrt formuliert, bestellt ihr nicht heute die Menge für drei Monate, sondern stückelt eure Herstellerbestellungen und verlagert einen Teil der Investition in die Zukunft. Aus diesem verlagerten Geldbetrag entstehen euch dann bei alternativer Investition Zinsvorteile.
  2. Aus dem gleichen Grund wie bei der Kapitalbindung habt ihr in euren Produkten auch niedrigere Stücklagerkosten, die in eure Deckungsbeiträge einfließen. Eure Stücklagerkosten berechnen sich aus eurem Lagerkostensatz und der durchschnittlichen Lagerdauer einer Einheit. Verkürzt ihr euren Bestellzyklus, ist euer Lager im Durchschnitt immer leerer, weil ihr weniger vorproduzierte und unnötige Ware im Lager liegen habt und ihr habt damit niedrigere Stücklagerkosten pro Produkt und niedrigere Gesamtlagerkosten. Den Extremfall, der in der Praxis natürlich unrealistisch ist, wäre die Verkürzung des Bestellzyklus auf einen Tag. In diesem Fall hättet ihr in eurem Lager tatsächlich immer nur die nötige Verkaufsmenge für einen Tag liegen und euer Lager würde nie über diese Menge hinaus gefüllt sein.
  3. Einheiten mit Produktionsfehlern lassen sich außerdem bei kürzeren Bestellzyklen schneller abverkaufen. Das Risiko, dass euer Hersteller bei der Produktion Fehler gemacht hat, die auch in der Qualitätskkontrolle nicht aufgefallen sind, ist vielfach höher, wenn ihr einen langen Bestellzyklus habt. In diesem Fall müsstet ihr die fehlerhafte Charge dann über einen langen Zeitraum abverkaufen und riskiert damit mehr schlechte Rezensionen und umfangreiche Retourenschäden aus den Kundenrücksendungen. Gerade für neue Produkte, bei denen euer Hersteller noch keine lange Historie in der Produktion hat, ist ein kurzer Bestellzyklus häufig sinnvoll.
Verwaltungsaufwand als Faktor bei der Wahl des Bestellzyklus ist nicht zu vernachlässigen

Die Vorteile eines langen Bestellzyklus und der Lagerhaltung

  1. Verlängert ihr euren Bestellzyklus, führt dies insofern auch zu einer Einsparung in euren Stückkosten als der degressive Fixkosteneffekt stärker zum Tragen kommt. Der degressive Fixkosteneffekt beschreibt die abnehmenden Stückfixkosten mit steigendem Output. Fixe Kosten in eurem Produktions- und Transportprozess, dazu können z.B. Verzollungskosten, Handlingkosten und ähnliche Kosten zählen, die unabhängig von der Bestellmenge in unveränderter Höhe anfallen, verteilen sich bei größeren Bestellmengen auf mehr Produkte und das einzelne Produkt muss demzufolge nur einen kleineren Anteil dieser Kosten tragen. Wie groß dieser Effekt ist, hängt von euren Prozessen und euren Verkäufen ab. Verdoppelt ihr die Bestellmenge auf einem hohen Verkaufsniveau ist die absolute Wirkung als €-Betrag in der Regel kleiner, als wenn ihr von einer kleinen Bestellmenge aus euren Bestellzyklus verlängert, weil im zweiten Fall der absolute Betrag der Fixkosten je Produkt höher ist und eine Halbierung damit zu einer höheren absoluten Ersparnis führt.
  2. Häufig bekommt ihr bei eurem Hersteller aber mit größeren Bestellmengen auch bessere Preise. Ihr bestellt zwar auch bei kürzerem Bestellzyklus in de langen Sicht in der Summe die gleiche Anzahl von Einheiten. Allerdings hat euer Hersteller möglicherweise selbst fixe Kosten im Produktionsprozess, die sich bei größeren Bestellungen auf mehr Einheiten verteilen und ihm damit Kostenvorteile verschaffen, die er an euch weitergibt. Größere Bestellmengen bringen oft auch mengenrabatten mit sich, was für Unternehmen eine wichtige Überlegung bei der Kostenoptimierung darstellt. Außerdem ist eine größere Bestellung heute für euren Hersteller auch immer eine Sicherheit. Wenn ihr sagt, dass ihr heute weniger, aber dafür auch früher wieder nachbestellt, muss euer Hersteller hoffen, dass die zweite Bestellung auch wirklich so platziert wird. Bestellt ihr heute mehr, hat er die Produktion aber schon in trockenen Tüchern. Zuletzt ist euer Kapitalvorteil auch gleichzeitig der Kapitalnachteil des Herstellers. Sein Gewinn aus der Produktion wird damit näher in die Zukunft verschoben und ihm entstehen Zinsvorteile aus der früheren Anlage des Kapitals.
  3. Zu guter Letzt führt ein längerer Bestzellzyklus in der Regel auch zu weniger Verwaltungsaufwand für euch und euer Unternehmen. Häufige Produktionsbriefings, Abstimmungen, Qualitätskontrollen und Importe haben das Potenzial zu einer Menge an Mailverkehr, Arbeit und Bürokratie zu führen, die in eurem Unternehmen zusätzliche Kosten entstehen lässt.

Ergebnis der Berechnung der optimalen Bestellmenge

Beim Thema Bestellzyklus gilt es, die einzelnen Vor- und Nachteile im konkreten Einzelfall gegeneinander abzuwägen und für euch die beste Entscheidung zu treffen. Verschiedene mathematische Ansätze und spezifische Formeln können dabei helfen, die optimale Bestellmenge zu berechnen. Für eine höhere Transparenz können hier Kostenanfragen bei eurem Hersteller oder Logistiker für unterschiedliche Mengen führen. Häufig gibt es auch weitere Beschränkungen, beispielsweise durch Mindestbestellmengen bei euren Herstellern, die bei der Entscheidung berücksichtigt werden müssen. Richtig angewendet, kann die Ermittlung eures optimalen Bestellzyklus aber ein echter Hebel für mehr Wachstum, höhere Deckungsbeiträge und mehr freies Kapital sein.

Aktualisiert am
6.12.24
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